Als das Wort "NEU" zum Schlagwort einer Epoche wurde
Die Bundeskunsthalle Bonn macht seit Anfang April auf ihre nächsten Ausstellungen auf-merksam und hat einen ersten Schwerpunkt schon gesetzt: "Die 1920er! Im Kaleidoskop der Moderne". Die 1920er-Jahre gelten als Umbruchphase und Experimentierfeld der west-lichen Moderne. Das Jahrzehnt wurde einerseits von einer tiefen Zerrissenheit geprägt, andererseits von einem ungebrochenen Fortschrittsglauben und noch nie dagewesenem Innovationsschub in allen gesellschaftlichen Bereichen (Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik) erfasst. Das Wort NEU entwickelt sich zum allgegenwärtigen Schlagwort der Epoche.
Die 20er Jahren in der Bundeskunsthalle Bonn
Willi Baumeister; Mensch und Maschine
1922; Bleistift, Deckfarbe auf Karton
© VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Foto: Willi Baumeister Stiftung
Auch Kunst und die Kultur erhoben selbstbewusst den Anspruch, die „neue Wirklichkeit“ mitgestalten zu wollen. Weitgespannte Künstlernetzwerke entfalteten ihre Wirkungsmacht über die traditionellen Kunst-zentren um/nach 1900 – Paris, Wien, München, Lon-don – hinaus, die bis in die USA, nach Lateinamerika und Asien ausstrahlten.
Die rasante Internationalisierung des Kunstbetriebs erwei-terte die eta-blierte Netzgeografie um weitere Kunstmetro-polen wie Ber-lin, Moskau, Rom, Prag, New York oder Mexiko City.
Es war eine Epoche der Kontraste und Konflikte, in der sich
unterschiedliche Kunstpositionen nebeneinander behaupten.
Die Ausstellung will dieses kaleidoskopartige Bild der 1920er-Jahre einer aktuellen Betrachtung unterziehen.
Drei große Themenkomplexe bestimmen und strukturieren das Ausstellungsnarrativ: Das Phänomen der Großstadt als
Biotop und Zerrbild der Moderne; der Diskurs über die neu-en Rollenbilder von Frau und Mann sowie die Konstruktion und Wahrnehmung neuer Lebenswelten. Noch bis 30. Juli
Bild oben: Lotte B. Prechner; Die Jazztänzerin; 1929
Öl und Tempera auf Holz; Bonn, VLR-LandesMuseum Bonn
© Foto: Jürgen Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn
Spiel mit der Kommunikation auf dem Dach
Mit "Interactions" bittet die Bun-deskunsthalle über den Sommer zum Spiel mit zahlreichen künstl-erischen Angeboten in den Außen- und öffentlichen Innen-raum der Halle ein. Neue Kunst-werke ergänzen vorhandene: Den Wasserpavillon Circular Appearing Rooms,dieRutschbahn von Carsten Höller, die sich um ihre eigene Achse die Fassade herab schlängelt, und The Curve von Bettina Pousttchi auf dem Dach, die sich der Bewegung widmet.Am 30. April und 1. Mai startet die Ausstellung mit einem fulminanten Eröffnungswochenende mit Performances von Franka Marlene Foth, Helga Wretman oder Nevin Aladağ, Möglichkeiten des Spiels und der Teilhabe sowie einem Tanz in den Mai. Die Schau geht bis zum 15. Oktober.
In der Bundeskunsthalle vom 18. Mai bis 24. September
JOSEPHINE BAKER: Ein Weltstar, engagiert
für Freiheit– Gleichheit – Menschlichkeit
Sie war ein Weltstar, eine Freiheitskämpferin und machte sich stark gegen Rassismus. Sie eroberte singend und tan-zend ein Weltpublikum und nutzte die Bühne für die Bot-schaft, dass Frieden, Freiheit und Gleichberechtigung ein Menschenrecht sind, unabhängig von Hautfarbe, Religion, Nationalität, Geschlecht oder sexueller Orientierung.
Josephine Baker, die 1906 in St. Louis, Missouri, geboren wurde, hat als Kind Segregation und rassistische Gewalt erlebt. 1925 kam sie dank ihres Showtalents aus den USA in das liberale Paris, in den 1920er-Jahren das kreative Epizentrum Europas. Dort wurde sie zum Star, zur höchst-bezahlten Revuetänzerin und zum ersten weiblichen Super-star mit afroamerikanischen Wurzeln.
Die Ausstellung beleuchtet, worauf der Erfolg Josephine Bakers gründet und wie sie die vermeintlichen Stigmata ihrer Hautfarbe in Stärke verwandelte, indem sie ihren Ruhm nutzte, um andere zu befreien: Als Widerstands-kämpferin im Zweiten Weltkrieg, als Mutter von zwölf adoptierten Kindern unterschiedlicher Herkunftund enga-gierte Vorkämpferin in der amerikanischen Bürgerrechts-bewegung.
Für ihre Lebensleistungen wurde Josephine Baker am 30. November 2021 als sechste und erste nicht weiße Frau in die Ruhmeshalle Frankreichs, das Panthéon in Paris, aufgenommen und gilt seitdem offiziell als Nationalheldin.
Köln: Was das Wallraf-Museum anzubieten hat
Nach seinem Publikums-und Kritikerliebling „Susanna - Bilder einer Frau vom Mittelalter bis MeToo“ und während drei noch laufender Ausstellungen, wird das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud in diesem Jahr fünf neue Sonder-schauen starten. Das zunächst für den Winter 2023/24 vorgesehene Ausstellungs-Highlight „Paris 1874 – Revolution in der Kunst“ zeigt das Kölner Haus aufgrund von Instandsetzungsmaßnahmen und Vorbereitungen für seinen Erweiterungsbau dann im Frühjahr 2024.
Den Auftakt zum neuen Ausstellungsjahr macht seit März kein geringe-rer als William Shakespeare. Vor 400 Jahren erschien die erste Gesamt-ausgabe seiner 36 Dramen. Dieses Jubiläum feiert das Wallaf mit „Das ganze Drama – Shakespeares First Folio (1623)“ und bringt dabei ein komisch-tragisches Panorama auf die Bühne des Museums. Bis 11.Juni
Sternstunden niederländischer Barockkunst
Ab 26. Mai öffnen sich im Fenstersaal der Barockabteilung die Türen zu einem traumhaften Sammlerkabinett. Darin prunken Werke von Malerstars wie Brueghel, Ruisdael, Kalf und Dou. Mit „Sammlerträume – Sternstunden niederländischer Barockkunst" präsentiert das Wallraf eine hervorragende Privatsammlung, die das Kölner Museum im letzten Jahr als Dauerleihgabe erhielt.
Mit seiner Sonderschau „Sammlerträume" präsentiert das Wallraf erstmals eine Auswahl von hochkarätigen Barockgemälden und -zeichnungen aus einer deutschen Privatsammlung, die das Kölner Museum im letzten Jahr als Dauerleihgabe erhielt. Kostbare Stillleben mit Blumen, Prunkgeschirr oder Kerzenschein gehören ebenso dazu wie idyllische Landschaftsansichten und amüsante Genrebilder. Seit Anfang der 1970er Jahre hat der anonyme Sammler mit großer Kennerschaft und Passion diese „Sternstunden niederländischer Barockkunst" zusammengetragen. Die Sommer- und Winterlandschaften, Stadt- und Flusspanoramen, zechende Bauern und galante Kavaliere,spiegeln die enorme Vielfalt und hohe Qualität der niederländischen Barockkunst wider. Bis 21.April 2024
Die Karlsruher Passion - GANZ • SCHÖN • HEFTIG
Sie waren Jahrhunderte getrennt, doch zu Ostern deses Jahres trafen sich die sieben Tafelbilder der legendären „Karlsruher Passion“ wieder und zwar für ein ganzes Jahr im Wallraf-Richartz-Museum. Die spätgotischen Tafeln mit Szenen aus der Passionsgeschichte Christi gehören zum Besten, was die Malkunst des späten Mittelalters hervorgebracht hat. Jüngste Forschungen vermuten, dass der Straßburger Hans Hirtz, ein Zeitgenosse Stefan Lochners, das Werk gemalt hat. Seine Erzählkunst ist dramatisch und faszinierend zugleich:Die berühmte „Gefangennahme Christi" aus dem Wallraf erzählt zusammen mit den sechs Tafeln aus der Karlsruher Kunsthalle wieder die ganze Passionsgeschichte. Noch bis 20.August.
„Sensation des Sehens" vom Barock zum Impressionismus
Die faszinierende Mediensammlung des legendären Filmregisseurs Werner Nekes zieht im Rahmen der aktuellen Ausstellungstrilogie „Sensation des Sehens" vom Barock zum Impressionismus weiter.
Ab 8. September 2023 steht die eigens für den dreiteiligen Dialog zwischen Nekes-Sammlung und Wallraf erbaute Wunderkammer mit ihren ausgesuchten Exponaten der Bilderzeugung inmitten (post-)impressio-nistischer Meisterwerke von Gauguin, Morisot, Monet oder van Gogh.
Schattenspiele, Rätselbilder, Wunderlaternen, Stroboskopscheiben und der Cinematograph, mit dem die Gebrüder Lumière im Jahre 1896 erstmals bewegte Bilder aufnehmen und abspielen konnten – dies sind nur einige der rund 25.000 Objekte aus der faszinierenden Sammlung von Werner Nekes (1944-2017). Der Filmregisseur aus Mülheim an der Ruhr war von der „Geschichte der Bilderzeugung“, wie er sie selbst nannte, derart fasziniert, dass er in dreißig Jahren die weltweit größte und beste Kollektion zur Mediengeschichte der letzten vierhundert Jahre zusammentrug.
Mit seiner großen Ausstellung „Paris 1874: Revolution in der Kunst - Vom Salon zum Impressionismus" zeigt das Wallraf dann vom 15. März bis 28. Juli 2024, wie Monet und seine Zeitgenoss*innen vor 150 Jahren in Paris die Kunst revolutio-nierten. Mehr Informationen: www.wallraf.museum.
Das Kölner Stadtmuseum zieht in einem Modehaus ein
Das Kölner Stadtmuseum (Bild links) zieht nach einem irreparablen Was-serschaden aus dem Jahr 2017 um. Das Museum teilte mit: "Wir verlassen die Gebäude in der Zeughausstraße und ziehen in das ehemalige Modehaus Franz Sauer. Voraussichtlich im Herbst 2023 wird unser Museum dort, in der Minoritenstraße 13, neu eröffnet!"
Und weiter:" Wir ändern nicht nur unseren Standort, sondern das gesamte Museumskonzept: Freuen Sie sich auf eine innovative Dauerausstellung, die die Geschichte der Stadt Köln mit all ihren Facetten, Widersprüchen und unterschiedlichen Perspektiven ganz neu erzählt wird."
Nicht nur die Büros werden umziehen, auch alle im Museum gelagerten Objekte, die Bibliothek mit rund 50.000 Medien, die umfangreiche Gra-phische Sammlung, die Restaurierungswerk-stätten und vieles mehr.
Das Modekaufhaus (Bild links) wurde 1986 für das Familienunternehmen Franz Sauer erbaut. Bis zur Geschäftsaufgabe 2016 bot das renom-mierte Bekleidungsgeschäft auf fünf Etagen hochpreisige Damen- und Herrenmode an.
Zukünftig stehen Emotionen im Stadtmuseum im Vordergrund: Gefühle und Stimmungen, mit denen jeder etwas verbindet!
Überall in der Dauer-Ausstellung finden sich zudem abwechslungs-reiche digitale Angebote sowie Spiel- und Mitmachstationen. Das Ausstellungsdesign mit stimmungs-vollen Farb- und Lichtinszenie-rungen wurde von „neo.studio neumann schneider architekten“ aus Berlin entwickelt. Bild: Das neue Foyer (Foto: neo.studio)
25 Jahre – das Deutsche Museum Bonn
»Mission Künstliche Intelligenz – erleben, verstehen, mitgestalten«: Unter diesem Motto erfindet sich das Deutsche Museum Bonn in seinem Jubiläumsjahr neu! Nach 25 Jahren macht die Bonner Dependance des Deutschen Museums in München die ersten Schritte auf dem Weg zum zentralen Erlebnisort für Künstliche Intelligenz in NRW. Das Deutsche Museum Bonn will damit seine Rolle als lebendiges Haus der Wissenschafts- und Technikvermittlung mit hoher gesellschaftlicher Relevanz ausbauen und stärken.
Die Künstliche Intelligenz stellt unsere Gesellschaft vor noch nie dagewesene Herausforderungen, die viele Fragen aufwerfen. KI beeinflusst schon heute eine Vielzahl von Lebensbereichen. Wie bei vielen Innovationen zuvor werden auch die neuen KI-basierten Technologien von großen Erwartungen, Vorurteilen und Ängsten begleitet. Bislang fehlt den Menschen ein zentraler Erlebnisort für die Vermittlung der Künstlichen Intelligenz mit all ihren Chancen und Risiken.
Um eine solche neutrale und kompetente Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft in NRW zu etablieren, richtet sich das Deutsche Museum Bonn neu aus: von der Ausstellung zeitgenössischer Technikgeschichte in aller Breite zu einem dynamischen Ort der Vermittlung und des Dialogs rund um das Schwerpunktthema KI. Dies unterstützen jetzt gleich zwei Partner: das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalens und die Dr. Hans Riegel-Stiftung.
Seit fast 25 Jahren entwickelt das Deutsche Museum Bonn immer wieder neue besucherorientierte Formen der Wissens- und Wissenschaftsvermittlung und hat damit inzwischen rund 2,5 Millionen große und kleine Gäste begeistert. Mit seinem breit gefächerten Angebot von Ausstellungen und Workshops hat es sich zum führenden außerschulischen Lernort für naturwissenschaftlich-technische Bildung im Rheinland entwickelt und damit zu einer wichtigen Brücke zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.
Bild links: Der Bonner Roboter »Rhino« markiert einen Meilenstein auf dem Weg zum Autonomen Fahren. Er lernte im Museum buchstäblich „das Laufen“ bzw. sich selbst im Raum zu bewegen – dank des Einsatzes Künstlicher Intelligenz.
Foto: DeutschesMuseum/Lichtenscheid
RheinRomantik in einer umfangreichen Sammlung im Siebengebirgsmuseum
Königswinter bietet mehr als nur den Drachenfels
Königswinter, der Drachenfels
und das Siebengebirge – diese klangvollen Namen stehen für Höhepunkte des Landschaftser-lebnisses am Rhein. Das Sieben-gebirgsmuseum in Königswinter stellt diese Rheinlandschaft in den Mittelpunkt. Eine besondere Facette stellt die Entwicklung des Rheintourismus zwischen Kunst und Kommerz dar.
Mit rund 500 Kunstwerken ist die private Sammlung RheinRomantik eine der wichtigsten deutschen Sammlungen zur Entwicklung der Malerei im Rheinland im 19. Jahrhundert. Die Sammlung konzentriert sich auf die Düsseldorfer Maler-schule, auf englische Aquarelle und frühe Koblenzer Künstler. Hier werden regel-mäßig Teile der Sammlung RheinRomantik zu ausgewählten Themen der rheinischen Kulturlandschaft gezeigt.
Die Ausstellung nimmt den Besucher mit auf eine Reise. Hier erfährt er, was ein Reisender im 19. Jahrhundert in seinen Koffer packte, wie er unterwegs war und wo er logierte. Damals moderne Verkehrsmittel wie ein Dampfschiff kann man ebenso bewundern wie den bis heute populären Eselritt auf den Drachenfels.
Im Haus der Geschichte Bonn: "Deutschland seit 1945"
Die Ausstellung ist internationaler und emotionaler geworden
Die Ausstellung im Haus der Geschichte in Bonn "Unsere Geschichte. Deutschland seit 1945" ist internationaler und emotionaler geworden und mit neuen Objekten noch aktueller geworden. Bundespräsident Steinmeier hatte das Museum für Zeitgeschichte erst im Dezember 2017 wiedereröffnet.
Die revolutionären Umwälzungen in Osteuropa und der DDR sowie der deutsche Wiedervereinigungsprozess bilden einen neuen Schwerpunkt auf Basis des gegenwärtigen Kenntnis- und erheblich verbesserten Objektlage. Der Service-roboter "Eva" und eine Paketdrohne stehen für die neuen Technologien. Trüm-merteile vom World Trade Center in New York zeigen die Gewalt des terroris-tischen Angriffs am 11. September 2001. Ein Boot aus dem Mittelmeer, das der Kölner Kardinal Woelki nach Deutschland holte und dem Museum überließ, steht gemeinsam mit anderen Ausstellungsstücken für die Massenflucht nach Europa - eines der wichtigsten Themen der Gegenwart und Zukunft. Originalobjekte, anschaulich in Szene gesetzt, erzählen "Unsere Geschichte". - Der Plenarsaal des Deutschen Bundestags in Bonn, ein Kino und eine Eisdiele aus den 1950er Jahren gehören ebenso wie eine Kaufhausfassade aus der Wirtschaftswunderzeit zu den attraktiven Ausstellungseinheiten.